Felix Brinker
Alumnus
14195 Berlin
Superhero Blockbusters: Seriality, Politics of Engagement, and the Spirit of 21st-Century Popular Culture
Dissertation in Kultur
Mentoring Team:
First supervisor: Prof. Frank Kelleter
Second supervisor:Prof. Dr. Ruth Mayer
Third supervisor: Prof. Dr. Martin Lüthe
Die vorliegende Dissertation setzt sich mit der anhaltenden Popularität des zeitgenössischen Superhelden-Blockbusterkinos auseinander und argumentiert, dass der kommerzielle Erfolg von Filmen wie X-Men, Marvel`s The Avengers oder Wonder Woman in einer für das Genre spezifischen ästhetischen Praxis begründet liegt, welche hier als Politik des Zuschauer-Engagements (politics of audience engagement) diskutiert wird. Letztere umfasst eine spezifische Kombination von filmästhetischen, erzählerischen und thematischen Mitteln, welche—im engen Zusammenspiel mit einer Reihe von medialen und kulturellen Umgebungsbedingungen—Filmen des Genres ein enormes Potenzial zur Mobilisierung von Publikumspraktiken und -diskursen verleihen. Die Popularität des zeitgenössischen Superhelden-Blockbusterkinos fußt daher zumindest teilweise auf einer ästhetischen Praxis, die zu zeitintensiven und textuell produktiven Rezeptionspraktiken und einer Auseinandersetzung mit stetig expandierenden, seriell angelegten Erzählwelten einlädt, welche die Nischeninteressen und Interpretationsroutinen informierter Fanpublika explizit adressiert um sich die Unterstützung aktiver Zuschauergruppen zu sichern und die sich strategisch in den Diskursen einer vielstimmigen Online-Medienöffentlichkeit positioniert um die kulturelle Sichtbarkeit individueller Filmproduktionen zu erhöhen.
Die vorliegende Arbeit untermauert dieses Argument durch eine detaillierte Auseinandersetzung mit drei zentralen Komponenten der genretypischen Politik des Zuschauer-Engagements: dem hyper-referenziellen Erzählstil (hyper-referential style) der Superheldenfilme, den fan management-Praktiken, welche sowohl in den Filmen selbst als auch in ihren Marketing-Kampagnen am Werk sind, und dem filmischen Populismus des Genres (cinematic populism), welcher zu allegorischen Lesarten einlädt. Aufbauend auf aktuellen Forschungsansätzen zu populären seriellen Erzählformaten, existierender Forschungsliteratur zum Superheldengenre sowie einer Neulektüre von Max Horkheimer und Theodor W. Adornos Theorie der Kulturindustrie argumentiert die Arbeit außerdem, dass sich die politische Bedeutung kommerzieller Unterhaltungsprodukte nicht allein an deren (ideologisch gefärbten) Erzählinhalten festmachen lässt, sondern auch auf der Ebene ihrer Einbettung in alltägliche Konsumptionspraktiken zum Ausdruck kommt. Durch eine kritische Auseinandersetzung mit Henry Jenkins Arbeiten zur „partizipativen“ Populärkultur des beginnenden einundzwanzigsten Jahrhunderts arbeitet die Dissertation zudem heraus, dass die Digitalisierung der Unterhaltungskultur als ein Paradigmenwechsel verstanden werden kann, nach welchem der kommerzielle Erfolg von Kulturwaren zunehmend von ihrer Präsenz und Sichtbarkeit in Online-Diskursen abhängt. Letztlich erklärt dieser Paradigmenwechsel, welcher eng mit einer Rekonfiguration profitorientierten Wirtschaftens im Zeitalter eines „kognitiven Kapitalismus“ (Carlo Vercellone / Yann Moulier Boutang) verbunden ist, die Tendenz zeitgenössischer Kulturwaren, sowohl die Konsumptionspraktiken ihrer Rezipienten zu intensivieren als auch das Volumen von parallellaufenden Online-Diskursen zu maximieren. Die vorliegende Dissertation liest die für jüngere Superhelden-Blockbusterfilme typische Politik des Zuschauer-Engagements als Resultat dieses Paradigmenwechsels und als Produkt einer praxisorientierten kapitalistischen Ideologie, welche weite Teile zeitgenössischer Kulturproduktion informiert und auf eine allgemeine Maximierung von Zuschaueraktivität abzielt. Im Anschluss an Luc Boltanski und Ève Chiapellos Studie Der Neue Geist des Kapitalismus diskutiert die Arbeit die genannte Ideologie als einen spirit of 21st-century popular culture und zeigt, wie letzterer in den erzählerischen, filmästhetischen, und thematischen Verfahren des Genres zum Ausdruck kommt.
Dabei nimmt die Arbeit unter anderem die Evolution des hyper-referenziellen Erzählstils seit 1978 in den Blick, analysiert Praktiken des Fan Managements anhand einer Diskussion der Filme Deadpool und Suicide Squad (beide 2016) und diskutiert den Populismus der Filme Captain America: The Winter Soldier (2014), Captain America: Civil War (2016) und V for Vendetta (2006).