Kadritzke Till
Alumnus
14195 Berlin
Losing Control: New Hollywood, the Crisis of the Self and the Cultural Logic of Expressivity
Dissertation in Kultur
Mentoring Team:
First supervisor: Prof. Dr. Frank Kelleter
Second supervisor: Prof. Dr. Martin Lüthe
Third supervisor: Prof. Dr. Olaf Stieglitz
Die Dissertation analysiert das Kino des New Hollywood aus der Perspektive einer radikalen Kontextualität, um sowohl die Filme selbst als auch ihr Produktions- und Rezeptionsumfeld in eine Kulturgeschichte der US-amerikanischen Nachkriegszeit einzubetten. New Hollywood wird dabei als Teil einer „white cultural imagination“ verstanden, und als Antwort auf die Diagnose affektiver Defizite, die eine Vielzahl an Intellektuellen, aber auch Stimmen aus der Psychologie und der Gegenkultur, in der US-Gesellschaft ausmachten. Die Integration von Fragen des Affekts in das historische Material erlaubt es dabei, die Intensivierung filmischen Affekts nicht einfach als eine Innovation des New Hollywoods zu verstehen, sondern als ein spezifisches historisches Phänomen.
Die Begriffe „countercultural whiteness“ und „affective logic of expressivity“ dienen der Dissertation einerseits als Ausgangspunkt, können aber auch als ihr Beitrag zur US-Kulturgeschichte verstanden werden. „Countercultural whiteness“ bezeichnet eine Subjektposition, die das singuläre Subjekt einer sozialen Formation gegenüberstellt und sich selbst als möglichst frei von sozialen und kulturellen Einflüssen versteht. „Existential hip“ und „radical singularity“ werden dabei als zwei spezifische Konfigurationen dieser Subjektposition verstanden. Die „affective logic of expressivity“ bezeichnet die Vorstellung, dass der unvermittelte Ausdruck eines authentischen Kerns eine stets positive und wertvolle kulturelle Praxis ist; diese Logik unterliegt sowohl zeitgenössischen Subjektdiskursen wie auch dem ästhetischen Regime des New Hollywood.
Die Dissertation ist über die Analyse von drei „countercultural fantasies“ strukturiert, Fantasien ungezähmter Bewegung, emotionaler Wahrheit und irrationalen Kräften, die alle bestimmte Komponenten von „countercultural whiteness“ und „expressivity“ vereinen. Die Analyse von New-Hollywood-Filmen illustriert diese Verbindungen und zeigt, welche Rolle sie in den Krisendiskursen der 1970er gespielt haben, die den historischen Fluchtpunkt der Dissertation auszeichnen. In einem letzten Teil werden drei Filme aus dem Jahr 1976 besprochen, die zeigen, dass die Subjektposition der „countercultural whiteness“ die historische Gegenkultur überlebt hat und sich an neue Identitäten anhängt. Zugleich erscheint ein neuer kultureller Status Quo, der von nicht-weißen und nicht-männlichen Agencies bestimmt ist als Gegenspieler dieser Subjektposition.