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Lasse Thiele

Alumnus

Adresse
Lansstraße 5-9
14195 Berlin

The Prospects of 'Green' Capitalism. Systemic Accumulation and Cost Re‑Externalizations in the Green Economy

Dissertation in Politik

Mentoring Team:
First supervisor: Prof. Christian Lammert
Second supervisor: Prof. Boris Vormann
Third supervisor: Prof. Markus Kienscherf

Diese Dissertation versucht die Folgen sich zuspitzender ökologischer Einschränkungen und des Imperativs der Nachhaltigkeit für die Zukunft des globalen Kapitalismus nachzuvollziehen. Sie beschäftigt sich eingehend mit den „Green Economy“- (bzw. „green growth”-)Modellen wichtiger internationaler Institutionen (OECD, Weltbank und UNEP) und konzentriert sich auf die Zentralität, Bedingungen, Machbarkeit und und Nebeneffekte systemischer Akkumulation in einer grün-kapitalistischen Ökonomie. Um diese theoretisch zu umreißen, wird ein konzeptuelles Gerüst entwickelt, das zwischen polit-ökonomischen und strukturell-ökonomischen Beschränkungen unterscheidet sowie einen Satz funktionaler und normativer Kriterien für einen „grünen“ Kapitalismus (ökonomisch, ökologisch und sozial), potentiell verfügbare „grüne“ systemische Akkumulationsstrategien und empirisch feststellbare grün-kapitalistische Makro-Strategien umfasst. Dieser theoretische Rahmen schöpft aus einer breiten Spanne an kritischer Theorie, darunter marxistische Wirtschaftstheorie, regulationstheoretische Ansätze, Weltsystemtheorie, Jason W. Moores world ecology-Ansatz und weitere Schriften in Politischer Ökologie.

Im Ergebnis sorgt eine Verbindung aus polit-ökonomischen und strukturell-ökonomischen Beschränkungen dafür, dass der „Green Economy“-Ansatz im Hinblick auf seine erklärten Zielsetzungen größtenteils wirkungslos bleibt. Seine nichtkonfrontativen politischen Strategien sind zu passiv, um auch nur eine minimale „passive Revolution“ in Gramscis Sinne zu erwirken. Stattdessen entwickelt sich die tatsächlich entstehende Green Economy als eine Ökonomie der Zusätzlichkeit (Economy of Additionality), die die fossil betriebene Infrastruktur des globalen Kapitalismus unangetastet lässt und wenig transformative Kraft entfacht. Vorherrschende „grüne“ Strategien internalisieren sozial-ökologische Kosten partiell, nur um diese dann auf anfällige Bevölkerungsgruppen und Ökosysteme abzuwälzen (Re-Externalization), im Widerspruch zu den normativen Standards und den „Win-win-win“-Versprechen der „Green Economy“. 

Grundsätzlich tragen die meisten „grünen“ Maßnahmen nicht positiv zu systemischer Kapitalakkumulation bei, sondern versuchen lediglich, durch die rationalisierte Erhaltung der Grundlagen kapitalistischer (Re-)Produktion die negativen Auswirkungen ökologischer Beeinträchtigungen und schwindender Ressourcen auf den Akkumulationsprozess zu vermindern. Vor diesem Hintergrund besteht enormer Druck, durch eine „grüne technologische Revolution“ den fundamentalen Kapital/Ökologie-Widerspruch aufzulösen, doch die historisch beispiellose absolute Entkopplung systemischer Akkumulation von Umweltbeanspruchung bleibt physisch und politisch extrem unwahrscheinlich, und die Abhängigkeit des „grünen“ Kapitalismus von ihrer Realisierung bedeutet eine äußerst riskante Wette. Diese strukturellen Beschränkungen gelten ebenso für politisch ausgewogenere grün-kapitalistische Alternativprojekte wie die neo-keynesianischen Vorschläge für einen Green New Deal, was systemische Grenzen für eine „Ergrünung“ des Kapitalismus andeutet. Die vollständige Internalisierung sozio-ökologischer Kosten, wenngleich nicht genau quantifizierbar, könnte weitere systemische Akkumulation durch das Herabdrücken der Profitraten unmöglich machen. Der globale Kapitalismus nähert sich planetaren Grenzen, Potenziale für die Aneignung „billiger Natur“ (Cheap Nature) sind zunehmend ausgereizt – und “win win win”-Lösungen für Natur, Gesellschaft und Kapital sind nicht in Aussicht.

Dahlem Research School
Deutsche Forschungsgemeinschaft
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