Marius Kleinknecht
Alumnus
14195 Berlin
“All the World’s a Stage:” Honor, Shame, and Publicity in US Relations with the Barbary States, 1785-1805
Dissertation in Geschichte
Mentoring Team:
First supervisor: Prof. Sebastian Jobs
Second supervisor: Prof. Sönke Kunkel
Third supervisor: Prof. Lawrence A. Peski
Diese Dissertation ist eine Untersuchung US-amerikanischer Beziehungen mit den sog. „Barbareskenstaaten“. Dies waren das unabhängige Königreich Marokko sowie die osmanischen Provinzen Tripolis, Tunis und Algiers. Zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert fuhren von diesen Staaten ausgehend Korsaren aus, um europäische Seefahrer im Mittelmeer zu ergreifen und zu versklaven. Sklaven, die auf diese Weise ergriffen wurden, konnten mit Lösegeldzahlungen wieder freigekauft werden bzw. ein jährlich gezahlter Tribut konnte europäische Staaten auch gänzlich von dieser Praktik befreien. Nachdem die USA aufgrund der Folgen des Unabhängigkeitskriegs den Schutz der britischen Marine verloren, wurden diese gleichermaßen mit dieser Beeinträchtigung des Handels im Mittelmeer konfrontiert. In den 1780er- und 1790er-Jahren fielen US-Bürger algerischen Korsaren zum Opfer, die später durch Lösegeldzahlungen wieder freigekauft wurden. Daraufhin etablierten die Vereinigten Staaten ein diplomatisches Netzwerk im Mittelmeer und es wurden auch Konsulate in den Barbareskenstaaten eröffnet. Trotz dieser Bemühungen erklärte der Regent von Tripolis den Vereinigten Staaten 1801 den Krieg. Dieser Konflikt dauerte bis 1805 an.
Durch eine Untersuchung der Korrespondenz US-amerikanischer Diplomaten, Staatsmänner, Marineoffizieren und versklavten Seefahrern wird in dieser Dissertation dafür plädiert, dass die Handlungen dieser Verantwortlichen der US-Außenpolitik vorrangig von einem Verlangen getrieben waren, persönliche Ehre sowie die Ehre einer amerikanischen Nation zu etablieren, zu schützen und voranzutreiben. Das hinterbliebene Werk des Seefahrers und Diplomaten James Leander Cathcart ist hier die Grundlage einer Fallstudie zur Rolle persönlicher Ehre. Die Kernthese ist in diesem Kontext, dass Cathcarts Tagebucheinträge und Korrespondenz einen langjährigen Versuch darstellen, Behauptungen über seinen sozialen Rang validiert zu sehen und als ehrbare Person in den Augen seiner Mitmenschen bzw. der breiteren Öffentlichkeit betrachtet zu werden. In diesem Bestreben war Cathcart jedoch weitestgehend nicht erfolgreich, was sich während seiner Karriere als Diplomat wiederholt in emotionalen Ausbrüchen und Rivalitäten widerspiegelte. Die Schriften Cathcarts zeigen dementsprechend auf, was passierte, wenn Aussagen über persönliche Ehre im weiteren Umfeld nicht anerkannt wurden. Darüber hinaus zeigt der Fall Cathcart auf, dass auch einfache Seefahrer einem Ehrenkodex folgten, was wiederum die Relevanz des Konzeptes widerspiegelt, auch in nichtelitären Kreisen.
Auf der nationalen Ebene wurde das Versklaven von amerikanischen Seefahrern, das Zahlen von Lösegeld und jährlichem Tribut sowie die Unfähigkeit der USA, sich Forderungen der Barbareskenstaaten zu widersetzen als Demütigung und damit als Verletzung nationaler Ehre empfunden. Die vermeintliche öffentliche Aufmerksamkeit dieser Episoden wurde dabei gesondert berücksichtigt. Um dieses vermeintliche Versagen der Außenpolitik zu beheben, bedienten nahezu sämtliche Personen in diplomatischen und militärischen Kreisen des Vokabulars nationaler Ehre, um zunehmend extremere Maßnahmen gegen die Barbareskenstaaten zu rechtfertigen. Die Außenpolitik der Vereinigten Staaten sollte dann als ein andauernder Versuch interpretiert werden, die USA als respektable – als ehrbare – Nation zu präsentieren, sowohl gegenüber der amerikanischen als der europäischen Öffentlichkeit. In einem weiteren Sinne soll diese Dissertation ebenfalls die Relevanz des Konzepts der nationalen Ehre im Kontext der Außenpolitik während der Frühen Neuzeit aufzeigen.