Beverly Haviland
Zu Gast in der Abteilung Kultur
Beverly Haviland
“In my work as a literary historian I have thought a great deal about the ways in which the past must be recognized in the experience of the present.“ Mit dieser Selbsteinschätzung eröffnet Professor Beverly Haviland die Erläuterung zu ihrem bemerkenswerten Designvorschlag, dessen Gegenstand ein zukünftiges Denkmal am New Yorker Ground Zero bildet. Dabei aktiviert sie ästhetische und spirituelle Assoziationen eines Labyrinths, um Zugänge zur traumatisierten Vergangenheit zu finden. Zunächst betreibt sie hierfür Spurensicherung. Dies geschieht anhand von Fußabdrücken. In ihnen steht jeweils der Geburtstag der Opfer und das Datum der Anschläge auf das World Trade Center, das damit fast 3000 Todestage markiert. Die Abdrücke formieren sich zu verschlungenen Pfaden zwischen den Umrissen der beiden Türme. So evoziert die Kombination von Labyrinth und Fußspuren Pilgerreisen in der amerikanischen Vergangenheit und deutet sie für die Gegenwart um.
Weit weniger labyrinthisch sind die Pfade, die Beverly Haviland nun in diesem Sommer von der Brown University, wo sie als Senior Lecturer und Visiting Associate Professor im Department of American Civilization lehrt, an die Kulturabteilung desJohn-F.-Kennedy-Instituts führten. Mit einem B.A. vom Sarah Lawrence College und einem Ph.D. von der Princeton University in Komparatistik liegt ihr Fachgebiet in der amerikanischen, englischen und französischen Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts sowie in der Theorie der Bereiche Film, Feminismus und Psychoanalyse. Neben preisgekrönten Essays zu Bret Easton Ellis und Nella Larson kennt man sie am JFKI auch dank ihrer umfangreichen Arbeiten zu Henry James, die einen vorläufigen Höhepunkt in ihrem methodologisch komplexen Buch Henry James‘s Last Romance: Making Sense of the Past and the American Scene (Cambridge University Press, 1997) fanden.
Wer der energetischen Akademikerin und ihrer Arbeit bis dato noch nicht begegnet ist, besitzt nun vielfältige Gelegenheiten am JFKI. In ihrem laufenden Seminar geht sie der Funktion forcierter ethnischer Stereotypen in Filmproduktion, -ästhetik und –rezeption im frühen amerikanischen Film von den technischen Anfängen bis zur klassischen Hollywoodära der 30er Jahre nach. Am 14. Dezember spricht sie im Rahmen des Forschungskolloquiums der Abteilungen Literatur und Kultur zu “Shameand Silence: The Untold Tales of The Scarlet Letter and The Bluest Eye“ vor.
(Frank Mehring)