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Abteilung Geschichte

Der 60. Jahrestag der Gründung der Freien Universität Berlin, die ohne die Unterstützung der amerikanischen Regierung nicht möglich gewesen wäre, und der Amtsantritt einer neuen Regierung im Januar 2009 boten im Wintersemester Rahmen und Anlass, um sich in einigen Veranstaltungen der Entstehung und Entwicklung der deutsch-amerikanischen Beziehungen seit 1945 sowie ihrem heutigem Stand und Perspektiven zu widmen.

Ausstellung: Evolution of a Friendship

Die Gründung der Freien Universität im Westteil Berlins im Jahre 1948 war auf das Engste verknüpft mit der Geschichte des Kalten Krieges. Und wie West-Berlin selbst verdankt die FU ihre Existenz und ihr Überleben in Zeiten von Blockade und Mauerbau vor allem der amerikanischen Schutzmacht. Der 60. Geburtstag der FU war somit zugleich der 60. Geburtstag ihrer besonderen Beziehung mit den USA. Aus Anlass dieses "doppelten" 60. Geburtstages zeigte die Freie Universität vom 9.12.2008 bis zum 25.2.2009 im Henry-Ford-Bau die Wanderausstellung des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes "Evolution of a Friendship". Sie umfasste zahlreiche Bild- und Textdokumente zur Geschichte der deutsch-amerikanischen Beziehungen – von der berühmten, erstmals den Namen "Amerika" verwendenden Weltkarte Martin Waldseemüllers aus dem Jahr 1507 über Propagandaposter aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg bis hin zu einem die deutsche Solidarität für die USA nach "9/11" bekundenden Privatbrief. Übernahme und Eröffnung dieser Ausstellung organisierten Andreas Etges und Jan Heine von der Abteilung Geschichte.

Beide zeichneten auch verantwortlich für die Erarbeitung einer eigenen kleinen Ausstellung, die ergänzend die Geschichte der "special relationship" der FU mit den USA dokumentierte. Die Auswahl von Dokumenten, Fotografien und Objekten aus dem Archiv der Freien Universität thematisierte zunächst exemplarisch die administrative und materielle "Geburtshilfe", die die USA beim Auf- und Ausbau des ambitionierten akademischen Provisoriums leisteten. Zudem wurde auf die große Bedeutung hingewiesen, die sowohl amerikanische Gastwissenschaftler und Remigranten als auch amerikanische Studierende für den Lehr- und Forschungsbetrieb an der jungen Universität hatten. Abgeschlossen wurde die historische Rückschau mit dem Besuch John F. Kennedys im Juni 1963, der mit der Verleihung der höchsten Würde der Universität, der Ehrenbürgerschaft, verbunden war, und wohl einen besonderen Höhepunkt dieser "special relationship" darstellte. Nach seinem Tod, der Lehrende und Studierende gleichermaßen bestürzte, wurde Kennedy mit der Umbenennung des Amerika-Instituts in "John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien" geehrt.

Konferenz „The Cold War – The United States and Western Europe“

Die Entwicklung der Beziehungen zwischen den USA und der Bundesrepublik sowie anderen westeuropäischer Staaten in Zeiten des Kalten Krieges stand im Mittelpunkt der Konferenz „The Cold War – The United States and Western Europe“, die am 31.1.2009 am Kennedy-Institut stattfand und von Andreas Etges organisiert wurde. Die Konferenz ging aus dem Kontext eines Seminars im Wintersemester hervor und ermöglichte es sowohl ausgewiesenen Experten aus Deutschland, den USA, Frankreich und den Niederlanden als auch Studierenden des Kennedy-Instituts, sich in verschiedenen Panels und Diskussionsrunden auszutauschen.

Bereits am Abend zuvor hatte sich die Gelegenheit geboten, die unterschiedlichen Erwartungen und Einschätzungen dies- und jenseits des Atlantiks bezüglich der transatlantischen Partnerschaft unter der neuen amerikanischen Regierung zu diskutieren. Beatrice de Graaf aus den Niederlanden (Universität Leiden), Frédéric Bozo aus Frankreich (Universität Sorbonne), Josef Braml (Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik) und William Drozdiak aus den USA (Präsident des American Council on Germany) erörterten in einer von Andreas Etges moderierten Podiumsdiskussion Kooperationsmöglichkeiten und Konfliktpotential unter Präsident Obama aus ihren unterschiedlichen nationalen Perspektiven. Anschließend stellten sie sich den Fragen des zahlreich erschienen Publikums. Die Veranstaltungen wurden gefördert von der DGAP, der US-Botschaft, der Ernst-Reuter-Gesellschaft sowie der Stiftung Luftbrückendank.

Personelle Veränderungen

Petra Dolata-Kreutzkamp, die schon seit mehreren Semestern am Department of War Studies des Londoner King's College unterrichtet, hat sich nun ganz für London entschieden und verabschiedete sich mit einem lachenden und einem weinenden Auge vom Kennedy-Institut. Wir werden sie als engagierte Kollegin und beliebte akademische Lehrerin  vermissen und wünschen ihr viele spannende und erfolgreiche Jahre in London und auf ihrem weiteren Weg. Ihre Nachfolge tritt mit Frauke Brammer wieder eine ausgewiesene Kanada-Expertin an. Mit Nadine Klopfer, die seit dem WS 07/08 an der Abteilung Geschichte tätig war, verlässt uns ein weitere Kollegin. Sie wird an ihre alte Wirkungsstätte, die LMU München, zurückkehren, wo sie auf einer unbefristeten Stelle im dortigen Amerika-Institut unter anderem die Kanadastudien mit aufbauen soll. Und da sie auch schon bald Nachwuchs erwartet, begleiten sie unsere besten Wünsche in doppelter Hinsicht. Ihre Stelle wird durch Jan Heine vertreten, der im kommenden Semester Seminare zur anglo-amerikanischen Kolonialgeschichte und zur amerikanischen Revolution anbieten wird. Auch Michaela Hampf erwartet ein Kind und wird während ihrer Elternzeit durch Gudrun Löhrer vertreten, die von der University of East London ans Kennedy-Institut kommt.

Die DFG-Forschergruppe 955: „Akteure kultureller Globalisierung, 1860-1930“, deren Teilprojekt „Die transatlantische Telegrafenverbindung und die Verkabelung der Welt: Kulturelle Netzwerke und epistemische Gemeinschaften im maritimen Raum” von Michaela Hampf geleitet wird, feierte ihren offiziellen Arbeitsbeginn und die Inbetriebnahme der projekteigenen Webseite www.cultglob.net. Die Auftaktveranstaltung mit einem Festvortrag von Jürgen Osterhammel (Universität Konstanz)  über „Akteure musikalischer Globalisierung“ fand am 19. Februar am Seminar für Afrikawissenschaften der Humboldt Universität statt. Simone Müller, die das Projekt bearbeitet, trat soeben die erste von mehreren Forschungsreisen an, die sie nach Cornwall, Bristol, London und Glasgow führen wird. Mehrmonatige Archivreisen in die USA, nach Kanada und Frankreich sind für den Rest des Jahres geplant.

Vorträge

Im November nahm Michaela Hampf in Jena an einer Konferenz des Arbeitskreises Militärgeschichte teil und hielt einen Vortrag mit dem Titel „Demarkationslinien: Geschlecht und Sexualität im Women’s Army Corps im Zweiten Weltkrieg”. Andreas Etges referierte im September über “The Beginning of the ‘Golden Age’ of the CIA? The 1953 Coup against Mohammed Mossadegh in Iran” auf einer Tagung der Netherlands Intelligence Studies Association NISA und des Netherlands Centre for Terrorism and Counterterrorism Studies über “Intelligence Failures and Cultural Misperceptions: Asia, 1945 till the Present”. Im Dezember  sprach er auf der Tagung  „Die Entwicklung der Americas im Lichte der Modernisierungstheorie“. Der Titel seines Vortrags lautete „’A sort of independent colonies of England – politically free, commercially slaves’. Das ‚American System’, die Überwindung von ‚Backwardness’ und Nationsbildung in der Frühen Republik“.  Frauke Brammer sprach im November auf der Konferenz "1968, des sociétés en crise: une perspective globale" an der Concordia University, Montreal, über "Coming to terms with history: ‘the global disruption of 1968’ in West Germany". Dominik Nagl hielt im Oktober einen Vortrag über „Mpundu Akwa - Prince, Cultural Broker and Political Activist in Imperial Germany and Colonial Cameroon” auf der 32nd Annual Conference of the German Studies Association in St. Paul, Minnesota. Im November hielt er auf dem 51st Annual Meeting der African Studies Association in Chicago einen Vortrag mit dem Titel „‚We Black Germans are Proud of our German affiliation’ - Mupundu Akwa: A Transnational Life in Imperial Germany”. Zudem referierte er über „Colonial Citizenship and the Limits of Liberal Governmentality: The Case of the German Schutzgebiete, 1884-1914” auf der Annual Conference der British International Studies Association, die im Dezember an der University of Exeter stattfand. Auch Knud Krakau ist nach wie vor international gefragt und aktiv. So hielt er einen Vortrag bei der Jahrestagung der Transatlantic Studies Association am University College Cork/Ireland mit dem Titel "From bellum iustum to bellum legale and back again: Strategies for Legitimizing the Use of Force in America's Foreign Relations". Auf einer Konferenz der International Association of American Studies in Lissabon sprach er über "Exceptionalism and Mission: Privilege or Special Responsibility?". Im September letzten Jahres präsentierte er bei der British International Studies Association an der London School of Economics einen Vortrag mit dem Titel "Strategies for Legitimizing the Use of Force in America's Foreign Relations".

Auch im vergangenen Semester bereicherte eine Reihe von Gastrednern das Programm des Forschungs- und Examenscolloquiums. Als Gast des SFB 700 diskutierte Marcus Rediker von der University of Pittsburgh am 8.1.2009 mit den Kolloquiumsteilnehmern sein mit mehreren Preisen ausgezeichnetes neues Buch „The Slave Ship – A Human History“. Im Rahmen des Black History Month sprach Thomas Holt von der University of Chicago über die Bedeutung der Wahl Barack Obamas aus Sicht der Bürgerrechtsbewegung in seinem Vortrag „Looking Forward, Look Back: The Civil Rights Movement from the Perspective of 5 November 2008“. Am 18.12.08 sprach Aaron Fogleman (Northern Illinois University, z.Z. Fulbright-Professor in Frankfurt) über „The Atlantic World, 1492-1860s: Definition, Theory, and Boundaries“. In Kooperation mit dem Colloquium zur Zeitgeschichte von Paul Nolte (Friedrich-Meinecke-Institut) bot sich zudem die Möglichkeit, Hans-Ulrich Wehler von der Universität Bielefeld und Martin Sabrow, Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam, für einen Besuch zu gewinnen. Hans-Ulrich Wehler stellte am 6.11.2008 den neuesten Band seiner „Deutschen Gesellschaftsgeschichte (1949-1990)“ vor. Martin Sabrow sprach am 11.12.2008 über „Das Unbehagen an der Aufarbeitung. Zeitgeschichte als public history“.

Veranstaltungshinweise

Die Freie Universität veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Historischen Institut in Washington und der US-Botschaft vom 25.6.-27.6. 2009 eine internationale Konferenz zum Thema „Public History in Germany and the United States“ in Berlin. Lonnie Bunch, Founding Director des National Museum of African American History and Culture in Washington, wird die Eröffnungsrede halten.

Der ehemalige deutsche Botschafter in den USA, Wolfgang Ischinger, wird am 16. Juni (16-18 Uhr, Henry-Ford-Bau) einen Vortrag über transatlantische Außen- und Sicherheitsbeziehungen halten. Ischinger ist Generalbevollmächtigter für Regierungsbeziehungen beim Allianz-Konzern und neuer Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz.