Westhampton Christian Church
Feldbericht von Britta Semrok
(Aufenthalt: 13.-17. April 2006)
- Disciples of Christ
- Die Gemeinde Westhampton
- Organisationsstruktur
- Der Pastor
- Die junge Gemeinde (Kinderprogramm)
- Der Gottesdienst
- Zusätzliche Veranstaltungen
- Eigene Einschätzung
- Fazit
Die Westhampton Christian Church gehört zu den Disciples of Christ, einer Dachorganisation, die mit über 4000 Kongregationen in den USA und Kanada vertreten ist. Das Abendmahl hat eine besondere Bedeutung für die Disciples of Christ, deshalb besteht das Emblem dieser Glaubensgemeinschaft aus einem Kelch mit einem Kreuz. Die einzelnen Kongregationen sind unabhängig und unterstützen die „General Church“, von der sie bei Bedarf Hilfe und Unterstützung bekommen, freiwillig mit finanziellen Spenden. Die Mission der Disciples of Christ ist es, die Unterschiede zwischen den einzelnen Denominationen zu überbrücken und Barrieren abzubauen. Aus diesem Grund spielen soziales Engagement und das Missionieren eine wichtige Rolle im religiösen Alltag. Alle Mitglieder der Disciples of Christ verpflichten sich dem folgenden Bekenntnis:
"As members of the Christian Church, we confess that Jesus is the Christ, the Son of the living God, and proclaim him Lord and Savior of the world. In Christ's name and by his grace we accept our mission of witness and service to all people. We rejoice in God, maker of heaven and earth, and in the covenant of love which binds us to God and to one another. Through baptism into Christ we enter into newness of life and are made one with the whole people of God. In the communion of the Holy Spirit we are joined together in discipleship and in obedience to Christ. At the table of the Lord we celebrate with thanksgiving the saving acts and presence of Christ. Within the universal church we receive the gift of ministry and the light of scripture. In the bonds of Christian faith we yield ourselves to God that we may serve the One whose kingdom has no end. Blessing, glory and honor be to God forever. Amen."
Die Westhampton Christian Church in Roanoke hat ca. 300 Mitglieder. Die meisten von ihnen kommen aus Roanoke und näheren Umgebung. Einzelne Gemeindemitglieder nehmen jedoch auch eine Fahrt von einer Stunde auf sich, um die Gottesdienste zu besuchen. Das Durchschnittsalter der Gemeinde ist relativ hoch; etwa die Hälfte der Mitglieder ist älter als 50 Jahre. Die Mehrzahl von ihnen ist sehr gebildet und gehört zur weißen, höheren Mittelschicht. Unter ihnen sind u.a. Lehrer und Ärzte.
The Purpose of this Congregation:
- to proclaim the gospel of Jesus Christ;
- to seek in all persons a faith and commitment to Jesus;
- to serve the community to which it is a part;
- to bring thegospel message to bear upon society;
- to sustain and be sustained by the general and regional manifestations of the Christian Church (Disciples of Christ);
- to work cooperatively with Christians in other communions;
- to seek the oneness of the body of Christ; and in all ways to seek to make known the love of God
Um in die Gemeinde aufgenommen zu werden, müssen neue Mitglieder zwei Bedingungen erfüllen. Zum einen müssen sie öffentlich (vor der Gemeinde während des Gottesdienstes) ihren Glauben bekennen ("Confession of Faith"). Dieses Glaubensbekenntnis läuft nach einem Ritual ab. Der Pastor fragt: „Do you believe that Jesus is the Christ, the Son of God; and do you accept Him as your Lord and Saviour?” Das neue Mitglied antwortet mit “yes”. Zum anderen müssen die Mitglieder der Disciples of Christ getauft sein (Baptism). Wurden die neuen Mitglieder bereits getauft, ganz gleich von welcher Konfession, ist eine erneute Taufe nicht notwendig. Sind die Mitglieder noch nicht getauft, wird dies im Taufbecken in der Sanctuary nachgeholt. Die Taufe erfolgt durch Untertauchen im Becken. Da zur Taufe auch immer das Glaubensbekenntnis und somit eine bewusste Entscheidung für den Glauben gehört, lehnt es die Westhampton Christian Church ab, Babies und kleine Kinder zu taufen.
Die Westhampton Christian Church ist eine sehr gut organisierte Gemeinde. Rev. Ericson ist der Pastor und damit der Repräsentant der Gemeinde. Die Entscheidungen werden allerdings vom Board getroffen. Neben dem Moderator, dem Vorsitzenden des Boards, sind sämtliche Ministries (Education, Spiritual Growth, Membership, Local and Global Missions, Finance Department, Property Department) und andere Gemeindeorganisationen (Deacons, Elders, Trustees) im Board vertreten. Die Mitglieder des Boards werden gewählt und sie treffen gemeinsam und demokratisch alle wichtigen Entscheidungen, die sich auf das Gemeindeleben der Westhampton Christian Church beziehen. Der Pastor hat somit keine übergeordneten Rechte. Zusätzlich zu den o.g. Ministries und Departments gibt es diverse andere Gemeindegruppen. Zur Gemeinde gehören ebenfalls The Friendship Club, ein Treffpunkt für ältere Gemeindemitglieder, und das Christian Women’s Fellowship, das drei Frauengruppen umfasst, die sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch und gemeinsamen Bibelstunden treffen.
Die Kirche finanziert sich ausschließlich über Spenden. Für diese Spenden gibt es in Westhampton ein eigenes Scheckbuch, welches nummerierte Umschläge enthält. Auf diesem Weg lässt sich genau nachvollziehen, wer bei welchem Gottesdienstbesuch wie viel gespendet hat.
Jeden ersten Sonntag im Monat findet in der Westhampton Christian Church ein Soup and Salad Fellowship statt. Hierbei trifft sich die Gemeinde zu gemeinsamen Gesprächen bei Suppe und Salat. Und jeden dritten Sonntag im Monat gibt es ein Coffee Fellowship, bei dem nach dem Gottesdienst Kaffee an alle Gemeindemitglieder ausgeschenkt wird.
Rev. R.G. Ericson, der von allen nur „Skip“ genannt wird, arbeitete beim Radio, bevor er sich dazu entschloss, Pastor zu werden. Obwohl er den „Ruf Gottes“ schon vor längerer Zeit verspürt hatte, zögerte er zuerst. Schließlich bot ihm seine Kirchengemeinde, die er liebte und deren Gemeindeleben er aktiv mitgestaltete, finanzielle Unterstützung an. Dank dieser Unterstützung konnte er seinen Job aufgeben und sein Studium absolvierten. Rev. Ericson und seine Frau adoptierten zwei Kinder aus Korea, Paige und Scott, die z.Z. das College besuchen. Im Herbst 2005 verstarb Rev. Ericsons Ehefrau.
5. Die junge Gemeinde (Kinderprogramm)
Die Westhampton Christian Church ist bekannt für ihr hervorragendes Kinderprogramm, für das Rev. Elaine Austin verantwortlich ist. Die Vorschullehrerin gehört seit August 2000 zu den Beschäftigten in Westhampton. Als aller erstes organisierte sie das Projekt „Toddling together“. Den Anstoß für dieses Projekt gaben Rev. Austins eigene Erfahrungen. In der Zeit, als sie mit ihren eigenen zwei Kindern zu Hause und nicht berufstätig war, hatte sie sich oft einsam gefühlt. Viele Kirchengemeinden in der näheren Umgebung boten zwar eine Vorschule an aber niemand hatte ein Betreuungsangebot für jüngere Kinder. Rev. Austin beschloss, diese Situation zu verändern und etwas Neues für die Gemeinschaft zu errichten. Sie rief „Toddling together“ ins Leben, ein Projekt, bei dem sich Mütter von 12 bis 24 Monate alten Kindern einmal pro Woche treffen, um Erfahrungen auszutauschen und ihre Kinder gemeinsam spielen zu lassen. Im Moment nehmen 7 Frauen dieses Angebot war und treffen sich immer montags für 90 Minuten. Diese Frauen sind keineswegs alle Mitglieder der Westhampton Christian Church. Dieses Programm steht allen Müttern, egal welcher Kongregation sie angehören, zur Verfügung. Um Werbung für ihr Projekt zu machen, hängte sie zu Beginn ein Banner am Kirchengebäude auf. Durch Mund-zu-Mund Propaganda nahmen bald mehrere Frauen das Angebot war. Die Räumlichkeiten von Westhampton werden auch von anderen Vereinen, z.B. dem Mom’s Club genutzt. Diese Vermietung ist eine weitere Einnahmequelle für die Kirche.
Seit 2001 hat Westhampton auch ein Jugendprogramm. Die Jugendgruppe der 4 bis 12 Jährigen umfasst ca. 20 Kinder. Ihr Treffen besteht aus 30 Minuten spielerischer Lehrstunde und 30 Minuten Musik und Chorgesang. Die Kinder treten auch im Gottesdienst der Erwachsenen auf. Einmal im Monat gibt es ein "Snack Supper". Die Jugendgruppe der 12 bis 20 Jährigen trifft sich jeden Sonntag Abend. Während in der jüngeren Gruppe auch Kinder sind, die nicht zur Westhampton Christian Church gehören, gibt es in der älteren Gruppe ausschließlich Jugendliche, die Mitglieder in Westhampton sind. Bei ihrem wöchentlichen Treffen diskutieren die Jugendlichen die praktische Umsetzung einzelner Bibelverse. Manchmal gibt es auch Spiele mit christlichem Hintergrund. Die Unterrichtsstunden werden von Gemeindemitgliedern durchgeführt.
Rev. Ericson ermöglichte es mir, acht dieser Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 20 Jahren zu treffen und mit ihnen über ihren Glauben und Westhampton zu sprechen. Ihre wöchentliche Gruppenstunde beginnt immer mit einem gemeinsamen Essen, an das sich die Unterrichtseinheit anschließt. Das Treffen dauert ca. 2 Stunden. Einige Jugendliche wurden durch die Teilnahme am Gottesdienst auf die Jugendgruppe aufmerksam, andere wurden von Freunden mitgebracht. Sie genießen es, die Zeit miteinander zu verbringen und dabei etwas über Gott zu lernen. Ihr Glauben spielt auch im Alltag Jugendlichen eine wichtige Rolle. Sie beten täglich und einige lesen auch in der Bibel. Während des Kirchenjahres, zu speziellen Anlässen, organisiert die Jugendgruppe verschiedene Events und sie engagiert sich für soziale Projekte. Zwei- bis dreimal im Jahr helfen die Jugendlichen freiwillig in der „Rescue Mission“, einem Obdachlosenheim. Sie geben dort Essen aus und waschen das Geschirr ab. Jedes Jahr zum Super Bowl bringen sie Lebensmittel, die von Gemeindemitgliedern gespendet wurden, zum örtlichen YMCA.
Während dieses Gespräches war ich überrascht über die Reife dieser Teenager. Sie haben klare Prinzipien und Moralvorstellungen. Zwar begegnen ihnen oft Vorurteile über Christen, z.B. in der Schule, dennoch lassen sie sich nicht beirren. Sie denken nach, bevor sie handeln. Sie versuchen, ein gottesfürchtiges Leben zu führen. Konsumorientiertes Verhalten, wie es oft im Fernsehen gezeigt wird, lehnen sie ab. Beim Thema Homosexualität jedoch, scheiden sich die Geister. Einige akzeptieren es, andere lehnen diese Lebensweise ab. Trotz deutlicher Ablehnung sprechen sich die Jugendlichen aber ganz klar gegen Gewalt gegenüber Andersdenkenden aus. Auf den ersten Blick (Kleidung, etc.) unterscheiden sich die Jugendlichen der Westhampton Christian Church kaum von anderen Teenagern. Doch bei genauem Hinsehen und –hören erkennt man in ihren Ansichten Überzeugungen eine Reife, die von Jugendlichen in diesem Alter nicht erwartet hätte.
Die junge Gemeinde ist eine wichtige Institution in der Westhampton Christian Church. Durch sie werden die Kinder zum Glauben geführt und gleichzeitig an die Gemeinde gebunden. Rev. Austin hat zu vielen der Kinder und Jugendlichen eine enge persönliche Beziehung. Besonders für die älteren Jugendlichen ist sie nicht nur Lehrerin sondern auch Vertraute, mit der sie über ihre täglichen Sorgen und Nöte sprechen können.
6. Der Gottesdienst
Der Gottesdienst in Westhampton ist eher traditionell. Es wird gesungen und gebetet. Die Predigt ist sehr stark an den wortwörtlichen Bibeltext angelehnt. Besonders am Gottesdienst in der Westhampton Christian Church ist, dass bei jedem Gottesdienst auch ein Abendmahl stattfindet. Außerdem gibt es bei jedem Gottesdienst einen Worship Leader, der gemeinsam mit Rev. Ericson den Gottesdienst leitet. Jede Woche nimmt ein anderes Gemeindemitglied diesen Aufgabe war. Auch Kinder waren schon Worship Leader.
Die Gottesdienste am Sonntag Morgen und am Mittwoch Abend sind etwas moderner gestaltet. Es werden modernere Lieder (inkl. Musikvideos) gesungen, die von Kelly, einem jungen Gemeindemitglied, ausgesucht werden. Generell kann man sagen, dass der Gottesdienst etwas weniger steif ist.
Beim Gottesdienst am Sonntag Mittag (dem Hauptgottesdienst) kommt die Musik nicht vom Band sondern eine Orgel wird gespielt. Außerdem singt der Chor der Westhampton Christian Church. Nur die Liedtexte werden wie bei den anderen Gottesdienstes auch durch einen Beamer gezeigt. Es werden klassische Kirchenlieder gesungen. Zu Beginn des Gottesdienstes, nach dem Vater Unser, gibt es bei jedem Sonntagsgottesdienst einen „Moment with the Children“. Alle Kinder der Gemeinde kommen in ihren schönsten Sonntagskleidern in die Kapelle. Rev. Ericson setzt sich mit ihnen vorn vor den Altar auf den Boden. Dort erzählt er ihnen kurz und kindgerecht, worum es an diesem Sonntag in der Predigt geht und warum der Gottesdienst gefeiert wird. Anschließend gehen die Kinder zur Sonntagsschule. Nach der Predigt gibt es das Abendmahl. Dabei kommen alle Gemeindemitglieder nach vorn zum Altar, wo Rev. Ericson und zwei Gemeindemitglieder das Brot und zwei Kelche reichen. Jedes Gemeindemitglied bricht ein Stück vom Brotlaib ab und nimmt einen Schluck Wein aus einem der Kelche. Zum Ende des Gottesdienstes erfolgt ein Call und Response zwischen Pastor und Gemeinde. Zum Abschluss fassen sich alle Gemeindemitglieder an den Händen und lauschen gemeinsam dem letzten Musikstück.
Die Kapelle war an diesem Ostersonntag sehr schön geschmückt. Überall standen weiße Lilien, die von einzelnen Gemeindemitgliedern zum Andenken an verstorbene Angehörige gestiftet worden waren. Auch der Altar war bei beiden Gottesdiensten feierlich geschmückt. Auf dem Altar stand in der Mitte, auf einer weißen Decke, ein goldenes Kreuz. Rechts und links davon standen zwei große weiße Kerzen. Zusätzlich war auch das Abendmahl auf dem Altar bereitet. Es gab einen Teller mit selbst gebackenem Brot und zwei Kelche.
7. Zusätzliche Veranstaltungen
Der Kindergottesdienst
Das Programm des Kindergottesdienstes nennt sich „Children worship and wonders“ und ist für Kinder im Alter von 3 bis 9 Jahre bestimmt. Bei diesem Gottesdienst werden den Kindern die Geschichten aus der Bibel mit Hilfe von Holzfiguren erzählt. Der Ansatz dieses Programms geht auf Montessori zurück. Die Holzfiguren (z.B Noahs Arche) werden von Gemeindemitgliedern hergestellt. Die kleinen Figuren haben keine Gesichter, denn die Kinder sollen sich selbst in ihnen wiedererkennen. Im Anschluss an die Geschichte können die Kinder „wonder questions“ stellen. Die Geschichtenerzähler (Gemeindemitglieder) sprechen besonders langsam und wollen die Kinder auf diese Weise an die feierliche Stimmung eines Gottesdienstes gewöhnen. Denn das Kinderprogramm dient auch dazu, die Kinder auf die Teilnahme am „Erwachsenengottesdienst“ vorzubereiten. Andere Kirchen haben diesen pädagogischen Ansatz bereits übernommen.
Jeden Sonntag nehmen 15 bis 20 Kinder am Kindergottesdienst teil. Rev. Austin unterrichtet die Geschichtenerzähler. Ihr geht es darum, die Kinder für das zu schätzen, was sie sind. Deshalb sollten die Geschichtenerzähler auch wie Kinder denken. Während andere Kirchen nur einen mündlichen Gottesdienst abhalten, möchte Rev. Austin einen kindgerechten Gottesdienst schaffen. Ihrer Meinung nach, sollte eine Kirche nicht ein Ort sein, and den Kinder kommen, um sich wie Erwachsenen zu benehmen (Leisesein, Stillsitzen, etc.). Sie ist der Meinung, dass jedes Kind von Geburt an, eine Beziehung zu Gott an. Die Aufgabe der Kirche sieht sie darin, diese Beziehung zu fördern. Im kindgerechten Gottesdienst wird aus der Bibel vorgelesen und biblische Geschichten erzählt, die die Kinder mit den Holzfiguren nachspielen. Außerdem wird gemeinsam gesungen, mit Zeichensprache. Bevor es diesen kindgerechten Gottesdienst gab, war der Gottesdienst für Kinder mit Rev. Austins Worten ein „glorified babysitting service“.
Bibelstunde
Zwischen den beiden Gottesdiensten am Ostersonntag trafen sich die älteren Damen der Gemeinde zu einer gemeinsamen Bibelstunde. Für diese Bibelstunden gibt es ein Arbeitsheft, das für jeden Sonntag im Jahr einen bestimmten Bibeltext vorgibt. Dieser Bibeltext wurde gemeinsam, Abschnitt für Abschnitt, von den anwesenden Frauen vorgelesen. Anschließend daran wurde über den Text diskutiert.
Rituale
Zu Ostern hat die Westhampton Christian Church eine besondere Tradition. Von Karfreitag bis Ostersamstag gibt es einen „24 Hour Prayer Vigil“. Zu diesem Anlass wird ein Raum im Kirchengebäude vorbereitet. Es werden bequeme Sessel aufgestellt, Kerzen angezündet und ein Abendmahl vorbereitet. In vorher festgelegter Reihenfolge kommen die Gemeindemitglieder einzeln in die Kirche. Sie ziehen sich für eine halbe Stunde in den hergerichteten Raum zurück, wo sie beten und in der Bibel lesen. Dann werden sie vom nächsten Mitglied abgelöst. Von 24 Uhr bis 8 Uhr morgens kommen die Mitglieder nicht in die Kirche sondern führen dieses Ritual zu Hause durch. Wer für diese Zeit eingeteilt ist, stellt sich zu Hause den Wecker, steht dann auf und liest für eine halbe Stunde in der Bibel oder betet.
8. Eigene Einschätzung
Die Westhampton Christian Church ist Besuchern gegenüber sehr aufgeschlossen. Ich wurde von ihnen sehr herzlich aufgenommen. Jeder wollte etwas über mich, meine Heimat und mein Projekt erfahren. Die Mitglieder waren auch sehr stolz, dass Westhampton für dieses Projekt ausgesucht wurde. Besonders die älteren Damen der Gemeinde, die ich bei ihrem monatlichen Treffen am Gründonnerstag kennen gelernt hatte, bemühten sich sehr um mich und mein Wohlergehen. Rev. Ericson wollte mir einen umfassenden Einblick in das Gemeindeleben ermöglichen. Er organisierte zahlreiche Treffen mit unterschiedlichen Gemeindemitgliedern für mich. Außerdem gab er mir einen Einblick in seine tägliche Arbeit (z.B. Besuch im Altenheim). Alle waren sehr herzlich und nahmen mich, wenn auch nur für eine kurze Zeit, in der „Westhampton-Familie“ auf.
Obwohl die Gemeinde in Westhampton aufgeschlossen und herzlich ist und außerdem (wie oben beschrieben) ein hervorragendes Kinder- und Jugendprogramm hat, muss sie gegen sinkende Mitgliederzahlen kämpfen. Rev. Ericson versucht den Gottesdienst mit Hilfe von Beamer und moderneren Liedern für junge Leute interessant zu machen, und so, neue Mitglieder anzulocken. Ein Großteil der älteren Gemeinde sträubt sich jedoch gegen solche Veränderungen. Es soll, ihrer Meinung nach, alles beim Alten bleiben, auch wenn die Gemeinde weiter schrumpft. Im Hauptgottesdienst am Sonntag Mittag hat sich deshalb bisher nur der Beamer durchgesetzt, mit dessen Hilfe die Liedtexte auf eine Leinwand projiziert werden und somit das klassische Gesangbuch ersetzt. Allerdings gab es auch dafür viel Kritik aus der Gemeinde, denn die Leinwand verdeckt das an der Wand hängende Kreuz. Rev. Ericson musste auch viel Kritik einstecken, als er sich nach den Terroranschlägen vom 11. September weigerte, eine amerikanische Flagge in der Kapelle aufzuhängen. Er jedoch betont die Trennung von Kirche und Staat, wie sie in der amerikanischen Verfassung festgelegt ist. Aus diesem Grund hat, seiner Meinung nach, die Flagge in der Kapelle nichts zu suchen. Einige Mitglieder sind über sein Verhalten und die Veränderungen in der Kirche so verärgert, dass sie nicht mehr am Gottesdienst teilnehmen möchten. Außerdem machen sie innerhalb der Gemeinde Stimmung gegen Rev. Ericson, der sich davon aber nicht beeindrucken lässt. Wie sich die Gemeinde in Zukunft entwickeln wird, ist auf Grund dieser Vorfälle nicht absehbar.